Achtsamkeit und Meditation
Meditation ist das klassische Mittel zur Entwicklung von Achtsamkeit, das auch von der heutigen kognitiven Verhaltenstherapie adoptiert wurde
Die achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie (engl.: mindfulness-based cognitive therapy, MBCT) ist das Ergebnis einer modernen Entwicklung in der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT). Die Wirksamkeit von MBCT ist nachgewiesen bei Depressionen und bei generalisierten Angststörungen. Ihre Anwendung bei anderen Störungen wird weiter erforscht. Das Hauptelement von MBCT sind die Meditationsübungen.
Jede Form von Meditation schließt mindestens zwei Komponenten ein: Sammlung der Aufmerksamkeit (Konzentration) und Achtsamkeit. In der für therapeutische Zwecke praktizierten Meditation spielt Achtsamkeit eine wesentlich wichtigere Rolle als Konzentration. Es gibt zwei Gründe dafür:
- Tiefere Konzentrationsstufen sind schwer zu erreichen; die dafür nötigen Aufwand und Talent sind mit denjenigen vergleichbar, die für den Erwerb von professionellen musikalischen oder sportlichen Fähigkeiten verlangt werden.
- Es gibt kaum klinische Studien, die eine langfristige heilende Wirkung der konzentrativen Meditation demonstrieren; es gibt allerdings zahlreiche Forschungsergebnisse, die einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Praxis der Achtsamkeitsmeditation und verschiedenen heilsamen Veränderungen nachweisen.
Die konzentrativen Praktiken können für viele Menschen sehr attraktiv werden (angenommen, dass sie imstande sind diese zu einem gewissen, minimalen Grad zu meistern), weil die Effekte davon unmittelbar und sehr angenehm sein können. Zustände intensiverer meditativer Sammlung sind durch ein Nachlassen oder sogar Verschwinden jeglicher Angst und Unruhe gekennzeichnet; die erreichte Ruhe und Klarheit des Geistes können zur Erfahrung immensen Wohlempfindens und — bei noch tieferer Konzentration — sogar zur Ekstase führen. Diese Zustände sind allerdings vergänglich. Eine Abhängigkeit von ihnen kann zusätzliche Probleme wie Enttäuschung und Depression wegen des Verlustes der Sammlung verursachen.
Achtsamkeit fühlt sich die meiste Zeit nicht unbedingt angenehm an. Befriedigung kommt erst durch Einsicht, die das Ergebnis eines — oft langen, manchmal schmerzlichen — heilenden Prozesses ist.
Natürlich ist es überhaupt nicht immer der Fall, dass sich die Effekte der Achtsamkeitsmeditation in solcher dramatischen Art und Weise offenbaren. Viel öfter entfaltet sich der Heilungsprozess langsam und graduell als Ergebnis unzähliger kleiner Einsichten und positiver Transformationen. In allen Fällen ist es aber für den Therapieerfolg sehr wichtig, dass eine regelmäßige Meditationspraxis gepflegt und Achtsamkeit auch im Alltag mithilfe verschiedener, kleiner Übungen praktiziert wird.